Kurioser Arbeitsunfall – Fensterflucht einer Prostituierten
Mit einer aus zusammengeknoteten Bettlaken bestehende Fluchtleiter wollte sich in Hamburg eine Prostituierte vor ihrem brutalen Zuhälter in Sicherheit bringen. Bei dieser Aktion geriet eine aus dem ehemaligen Ostblock stammende Ingenieurin in Panik und sprang auf die Straße. Dabei zog sie sich mehrere Knochenbrüche zu.
Als Arbeitsunfall bei Verwaltungsgenossenschaft abgelehnt
Die durch den Sturz bedingten Frakturen wollte die Frau anschließend bei der Verwaltungsgenossenschaft als Arbeitsunfall geltend machen – dies wurde abgelehnt. Begründung: Fehlender Arbeitsvertrag und keine Arbeitserlaubnis. Der Ingenieurin sollte bekannt sein, dass sie mit einem Schengen-Touristenvisum nicht hätte arbeiten dürfen. Auch war sie weder bei einer Krankenkasse gemeldet, noch habe sie regelmäßige Lohnzahlungen erhalten. Aufgrund dessen bestand für die Genossenschaft kein Arbeitsverhältnis und somit können keine Leistungen anlässlich eines Arbeitsunfalles beantragt werden.
Hamburger Sozialgericht erkennt Unfall an
Gegen diese Entscheidung der Verwaltungsgenossenschaft hat die Betroffene vor dem Hamburger Sozialgericht geklagt und bekam Recht. Nach Ansicht der zuständigen Richter hat sehr wohl ein Arbeitsverhältnis bestanden. Denn die Geschädigte ist einer Tätigkeit nachgegangen, war in einer Arbeitsorganisation eingegliedert und dem Weisungsrecht eines Arbeitgebers unterstanden. Letzteres insbesondere auf Art der Arbeitsausführung, der Zeit und der Dauer. Die Frau bewarb zusätzlich ihre Dienste im Internet und auch eine Absprache über die Höhe der Entlohnung bestand. Zudem wurden ihr Arbeitshandy und Wohnung sowie Arbeitsmittel, in Form von Gleitcreme und Kondome, gestellt. Nach Auffassung des Gerichts bezeichnen diese charakteristischen Eigenschaften ein Beschäftigungsverhältnis. Der Sprung aus dem Fenster, der letztendlich zu den Verletzungen geführt hat, war einer starken psychischen Belastung aus dieser Tätigkeit geschultert, da es zu gewalttätigen Übergriffen kam. Das Hamburger Sozialgericht bewertete diese Schädigungen als Arbeitsunfall. Das Urteil ist rechtskräftig.