Cum-Ex-Skandal – wie die Regierung ihr eigenes Versagen verschleiert
(5578 x gelesen) im Arbeit als MaklerCum-Ex-Skandal – wie die Regierung ihr eigenes Versagen verschleiert
Regierende Parteien kritisieren mit ungewöhnlicher Schärfe Banken, Anwälte, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater, wenn es um Steuerbetrug im großen Stil geht, der sich hinter den Begriffen Cum-Ex oder Cum-Cum verbirgt. Von kriminellem Verhalten, Betrug und gezielter Steuerhinterziehung ist die Rede. Jahrzehntelang haben die Beteiligten den Fiskus mit komplexen Aktengeschäften um Milliarden geprellt.
Was ist Cum-Ex?
Unter Dividenstripping versteht man eine Kombination aus dem Verkauf einer bestimmten Aktie kurz vor der Dividenzahlung und dem Rückkauf desselben Papieres direkt nach der Dividendenausschüttung. Ist der Verkäufer beim Abstoßen der Aktie vor dem Dividendenstichtag noch nicht Eigentümer des Papieres – sprich sog. Leerverkauf – und das Papier wird kurz nach diesem Stichtag geliefert, handelt es sich um ein sogenanntes Cum-Ex-Geschäft. Die einmal abgeführte Kapitalertragssteuer wird dabei mehrfach erstattet. Seit 1992 wissen die Finanzbehörden um diesen Tatbestand. Die Grenzen zwischen Steuerhinterziehung und legaler Steuergestaltung gestalten sind dabei fließend.
Aufsichtsbehörden haben angeblich alles richtig gemacht
Erstaunlicherweise geht aus dem Abschlussbericht hervor, der von Abgeordneten der Union und der SPD nach Ende des zuständigen Untersuchungsausschusses erstellt wurde, dass die zuständigen Ministerien und Aufsichtsbehörden alles richtig gemacht hätten. Wörtlich heißt es: „Dieser Untersuchungsausschuss war nicht erforderlich.“ Man sei zwar „fündig geworden, aber nicht da, wo der Schwerpunkt des Untersuchungsauftrags liegt und liegen muss: bei den Behörden des Bundes.“ Meines Erachtens schlägt dies „dem Fass den Boden aus“, dass sich zuständige Abgeordnete damit brüsten, Erkenntnisse über kriminelle Machenschaften in der Finanzbranche gesammelt zu haben, anstatt auf den Punkt zu kommen.
Fragwürdiges Prüfpersonal...
Interessant wird das Ganze, wenn man Einblicke bekommt, wer und was in der Vergangenheit geprüft wurde. Als Beispiel dient der ehemalige Richter Arnold Ramackers. Er war von 2004 bis 2008 als Referent im Bundesfinanzministerium (BMF) beschäftigt und sein Aufgabenbereich umfasste auch das Thema Cum-Ex. Im September 2008 erfolgte seine Beurlaubung, diese wurde auf ein Jahr festgesetzt. Danach ging Ramackers in Pension. Aber auch während seiner Urlaubszeit war er für seinen alten Arbeitgeber tätig und nach dem Ende seines Teilzeitarbeitsvertrags mit dem Bundesfinanzministerium hat er sich aktiv als „interessierter Staatsbürger an der Diskussion der Sammelsteuerbescheinigungen beteiligt“, erklärte er. So wie es scheint, gab es keine Experten, die mit diesem komplexen Thema umgehen konnten. Der Kommentar eines ehemaligen Vorgesetzten im BMF über Arnold Ramackers: „Das war für ihn kein Arbeiten; das war Spaß.“
… das auch von anderer Seite bezahlt wurde
Den wenigsten ist allerdings bekannt, dass Ramackers diesen „Spaß“ zusätzlich von deutschen Bankenverbänden vergütet bekam. Dem Ausschuss erklärte er, dass er in der besagten Zeit einen Lohn erhalten hat, „etwa im selben Umfang, wie vorher mein Gehalt war.“ Dass diese Gelder angeblich anderen Zwecken dienten, spielt hier keine Rolle. Ramackers bekam Einblick in interne Abläufe und erhielt vertrauliche Informationen des BMF. Diese leitete er, teils per E-Mail, an die Kreditverbände weiter. Dieses Vorgehen in einem Bundesministerium kann man nur als „hochpeinlich“ betiteln. Wer aber nun glaubt, dass diese Ungeheuerlichkeit im Abschlussbericht scharf getadelt wird, sieht sich enttäuscht. Es ist lediglich zu lesen: „Das BMF sollte nach Ansicht des Ausschusses konsequent darauf achten, dass auch im Umgang mit ehemaligen Mitarbeitern der Schutz von Dienstgeheimnissen gewahrt bleibt.“
Untersuchungsausschüsse sind weder objektiv...
Untersuchungsausschüsse setzten sich nach Stärke der Fraktion im Bundestag zusammen. Und genau hier liegt der Hund begraben. Im Falle des Cum-Ex-Ausschusses kommt noch erschwerend hinzu, dass während des Untersuchungszeitraumes das Finanzministerium sowohl von der Union, als auch der SPD geführt wurde. Außerdem ist aktuell Wahlkampf – wie heißt es so schön: „Eine Krähe hackt der anderen kein Auge aus“.
… noch bewirken sie etwas
Durch diesen von den regierenden Parteien vorgelegten Abschlussbericht wird der Sinn eines solchen Ausschusses völlig ad absurdum geführt. Über Jahrzehnte werden Politiker, Aufseher und Finanzbeamte an der Nase herumgeführt und dem Fiskus entgehen dabei Milliardeneinnahmen. Egal wie sich Mitarbeiter verhalten und was sie angestellt haben, sie werden geschützt. Was geschieht in der freien Wirtschaft mit Firmen, die so praktizieren? Es ist richtig, dass Banker, Wirtschaftsprüfer, Anwälte und Gutachter es verstanden haben, Steuerbetrug skrupellos und im großen Stil trickreich über die Bühne zu bringen. Allerdings müssen von staatlicher Seite auch Strukturen geschaffen werden, damit so etwas möglich ist.
Es ist einfach zu wirtschaften mit dem Geld anderer Leute
Bei diesem Vorfall fällt mir die alte Weisheit ein, die leider bei vielen politischen Entscheidungen erkennbar ist: „Es ist einfach zu wirtschaften mit dem Geld anderer Leute“. Banken und andere Mittelsmänner prellen unseren Fiskus um viele Milliarden, während die Behörden über Jahrzehnte die Augen davor verschließen. Und wie reagieren die gewählten Volksvertreter von SPD und CDU/CSU? Sie halten den Ball flach und nehmen ihre eigenen Versager in Schutz. Jeder mündige Bürger möge sich darüber seine eigene Meinung bilden.