Auto durch mobiles Verkehrszeichen beschädigt
Ein geleaster Volvo stand über Ostern an einer Straße in Lübeck, an der eine Baufirma im Auftrag der Stadt Kabelarbeiten durchführte. Am Ostermontag bemerkte der Halter, dass ein schrägstehendes mobiles Schild, das bei besagten Arbeiten verwendet wurde, auf seinen PKW gefallen war und dabei Kotflügel, Motorhaube und Seitenspiegel erheblich beschädigte. Die Reparaturkosten beliefen sich auf rund € 4.150. Noch anzumerken ist, an diesem Tag herrschte Windstärke acht.
Mobiles Schild besser gesichert als vorgeschrieben
Das Schild war mit vier Fußplatten befestigt, deren Gewicht 30 kg betrug. Mathematisch konnte es damit eine Windlast von 0,48 kN (Kilonewton) pro Quadratmeter standhalten, dies entspricht in etwa einen Druck von 48 kg auf einen Quadratmeter Fläche. Die im Jahr 1997 von Bundesverkehrsministerium herausgegebene Verordnung ZTV-SA 97 schreibt für innerorts aufgestellte mobile Schilder eine Windlast von lediglich 25 kN vor. Somit war das Schild wesentlich besser gesichert als vorgeschrieben.
Kfz-Halter klagt wegen Verletzung der Verkehrssicherungspflicht
Trotz der vergleichsweise stabilen Sicherung verklagte der Kfz-Halter die Stadt auf Schadenersatz und warf ihr dabei eine Amtspflichtverletzung gemäß § 839 BGB, mit folgender Begründung vor:
Offensichtlich sicherte das Straßenbauunternehmen das Schild nur unzureichend und verletzte dadurch seine Verkehrssicherungspflicht. Die Hinweistafel stand in leichter Schrägstellung
in Richtung zum Auto. Dies habe den Sturz auf das Fahrzeug begünstigt. Zudem hätte das Verkehrszeichen bei derartigen Windverhältnissen angekettet oder fest im Boden verankert werden müssen, um ein Umkippen zu verhindern. Das sei aber nicht erfolgt. Des weiteren verletzte die Stadt ihre Kontrollpflicht, demnach hätte sie aufgrund der stürmischen Verhältnisse täglich oder zumindest alle zwei Tage überprüfen müssen, ob das Schild noch stabil steht.
Landgericht Lübeck sieht keine schuldhafte Verletzung der Verkehrssicherungspflicht
Das Landgericht widersprach dem Anrecht auf Schadenersatz. Nach der Anhörung eines Sachverständigen und mehrerer Zeugen wies das Gericht die Klage mit Urteil vom 29. Juni 2023 (9 O 40/22) ab. Demnach konnte das Gericht eine schuldhafte Verletzung der Verkehrssicherungspflicht durch das Bauunternehmen nicht erkennen, da es die Vorgaben zur Standsicherheit mobiler Verkehrsschilder nicht nur eingehalten, sondern sogar ein darüber hinausgehendes Risiko abgedeckt hatte. In diesem Zusammenhang müssen Praktikabilität und Wirtschaftlichkeit berücksichtigt werden, hob die 9. Zivilkammer hervor.
Hierzu heißt es im Urteilstext: "Da in den hiesigen Breitengraden die Windstärke 8 nur sehr selten überschritten wird und unstreitig durch stärkere Windeinwirkung verursachte Schäden durch eine Teilkaskoversicherung abgedeckt werden können, muss es grundsätzlich als ausreichend angesehen werden, wenn die Beklagte mobile Verkehrsschilder verwendet, die bis Windstärke 8 sturmsicher sind." Diese Vorgabe habe die Sicherung des Schildes erfüllt.
Sicherungspflicht deckt die Schrägstellung des Schildes ab
Eine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht liegt auch bei einer Schrägstellung des Verkehrsschildes nicht vor, führte das Gericht weiter aus. Im Gegenteil: Durch die Neigung verringert sich im Regelfall die Windangriffsfläche und damit der auf das Schild wirkende Winddruck. Zudem seien insbesondere mobile Verkehrszeichen konstruktiv so ausgelegt, dass sie auch auf Baustellen eingesetzt werden und eine gewisse Schrägstellung problemlos standhalten könnten.
Mobile Schilder müssen nicht im Boden verankert oder angekettet werden
Auch das Argument `das mobile Schild hätte im Boden verankert oder angekettet sein müssen`, teilte das Gericht nicht. Ein derartiger Aufwand überschreite den Rahmen des Zumutbaren der dem Verkehrssicherungspflichtigen abverlangt werden könne.
"Es wäre eine Überforderung, würde man für mobile Verkehrsschilder, die beispielsweise nur für wenige Tage aufgestellt werden müssen, verlangen, dass diese fest eingebaut werden müssen. In der Regel käme dann nur ein Einmauern oder eine sehr tiefe Gründung in der Erde in Betracht. Das erscheint unverhältnismäßig im Verhältnis zu dem erreichten Effekt", so das Gericht weiter. Ähnlich argumentierte das Gericht den Punkt zur Sicherung des Schildes durch Anketten. Voraussetzung dafür ist das Vorhandensein eines festen Gegenstandes. Das ist jedoch bei vielen Standplätzen nicht der Fall.
Keine tägliche Kontrollpflicht durch die Stadt
Zuletzt wurde vom Gericht die Behauptung aufgehoben, die Stadt oder die beauftragte Baufirma hätte gemäß ihrer Kontrollpflicht täglich nachprüfen müssen, ob das Schild noch stabil stünde. "Eine derart zeitlich engmaschige Kontrollpflicht traf die Streithelferin mangels Zumutbarkeit nicht. Angesichts der eingangs dargestellten Grundsätze zur Verkehrssicherung wäre ggf. eine wöchentliche Kontrolle zu fordern, diese aber auch ausreichend gewesen", hob die Kammer mit Verweis auf frühere Urteile hervor.
"Vorliegend war der Schaden indessen bereits vier Tage nach der Aufstellung des Schildes eingetreten, sodass er durch die vorgeschriebenen Kontrolle nicht hätte verhindert werden können", betonte das Gericht. Für die Beschädigung am Auto hingegen, vermutete das Gericht andere naheliegende Ursachen. Ein Zeuge habe glaubhaft berichtet, dass es in der Straße häufig Vandalismus mit diversen Sachbeschädigungen, wie etwa abgerissene/-getretene Briefkästen, gibt. Demnach sei das Umfallen des Schildes nicht auf den Sturm zurückzuführen, da es stabil genug aufgestellt wurde.